Rennbericht P9 Challenge 2022 Lausitzring (Formel)

Guten Morgen HAIGO

Seit langem hatte ich mir vorgenommen, das vermeintlich “Unhistorische” der HAIGO ausgiebig zu studieren. Somit war ich von Freitag bis Samstag auf dem Lausitzring. Dort traf ich auch Gerhard Hubrich, Funktionär aus DDR-Zeiten, dessen Name im Zusammenhang mit der Benzin-Affäre um Ulli Melkus und Frieder Kramer nicht ganz unumstritten ist. → https://www.ddr-formel1.de/geschichte/hinter-den-kulissen/die-benzin-affaere.html
Das Fahrerlager ist sauber auf dem Asphalt, die Rennteilnehmer stehen nebeneinander. Man redet miteinander, man hilft sich, und wie es schon früher, war, man redet auch übereinander. Neid? Ich würde eher sagen, ein gesundes Konkurrenzdenken. Dennoch registriere ich unverkennbar eine große Familie, die abends zum Bier, Wein, Limo und Bestes vom Grill einlädt. Man fühlt sich wohl.
Neben diesem Rahmen waren natürlich die Trainings und Rennen das wesentliche. Himmel zwischen Sonne und dunklen Wolken, was die Wahl der Reifensorte zum Nervenspiel machte. Regeln, wie: Wir fahren alle mit Slicks oder Regenreifen gibt es nicht. Also hier pures Lotto. Als ehemaliger Racer beurteile ich natürlich die Fahreigenschaften dieser Autos, leider unsere früheren MT‘s in der Unterzahl, dafür sehr dominante Estonias. Was da an Herzblut drin steckt, ist gemessen an den früheren Ambitionen, ähnlich. Jeder sucht seine Linie, kennt seine Gegner und tritt am Ende gegen sich selbst an. Hier sind Mut, aber auch Realitätsempfinden gefragt. An keiner Stelle konnte ich „Hirnloses“ entdecken, im Gegenteil, alles kam mir geordnet vor, dennoch war der nötige Biss gut zu erkennen.
Die Rennen waren dann erste Sahne. Ich nahem meine Position auf der Aussichtsplattform oberhalb der ersten Boxen ein, um die lang gezogene Linkskurve nach Start und Ziel im Auge zu behalten. Ich kam voll auf meine Kosten. Da kam eine Jeanette Siegert-Schönfisch beim Regentraining „angebrettert“, erwischte nicht ganz den Bremspunkt und schien abzufliegen? Nein, sie bekam das Auto meisterhaft in den Griff und mit einer etwas weiter ausgefahrenen Kurve wieder auf die rechte Bahn. Respekt und ein „Das hätten wir nicht gedacht“ war der Gedanke von Stromhardt Kraft, dem Organisator der HAIGO und mir.
In der HAIGO werden 2 Rennen gewertet. Als DDR-Fahren vor hunderttausenden Zuschauern ist man einiges gewöhnt. Lässt man die „Null“ Zuschauer auf dem Lausitzring einmal beiseite, dann waren die Rennen erste Sahne. Positionskämpfe, Verbremser, Aufholjagten und leider auch technische Ausfälle von Favoriten bestimmten das Bild. Ich vermisste nichts, aber auch gar nichts und war begeistert. Da stellt sich die Frage, warum sind hier nicht mehr Rennwagenbesitzer, die ihre Autos neu gekauft haben, am Start? Rennfahrer sollte man sich erst dann nennen, wenn man ein echtes Race macht – gegen sich, gegen die Zeit und gegen den Kontrahenten. Dieser Nachfolgegeneration kann ich nur raten, fahrt einmal zu einer Veranstaltung der HAIGO, geht in die Fahrerlager, schaut Euch die Technik an und bewerbt Euch. Meine Meinung: Hier ist die Fortführung der DDR-Renngeschichte aufgrund auch der technischen Entwicklungen im Rahmen des Reglements in guten Händen. Wie im Management gilt auch hier er Spruch:
„An der Spitze ist immer ein Platz frei!“
Ich hatte mir vorgenommen, diesmal keine Namen zu nennen, weder von Siegern noch von Ausfällen. Doch zu der Ausnahmefrau Jeanette Siegert-Schönfisch, die Tochter von der Legende Heinz Siegert, mache ich eine Ausnahme. Nicht weil sie eine Frau ist und der Frauenquote Willen zu hofieren ist, nein, weil sie es drauf hat! Wie sie Ihr Auto zunehmend meisterlich bewegt und wie sie, lest genau nach, mit Regenreifen bei trockener Bahn im letzten Rennen es schaffte ihre Position gegen hinter ihr fahrenden Slicks-Rennwagen beherzt zu verteidigen, das ist aller Ehren wert. Jeder hätte gewettet, dass Jeanette „durchgereicht“ wird, weil eben Regenreifen für die nasse Fahrbahn geeignet sind, aber nicht für die Trockene. Der Hintergrund: Das Ganze war dadurch entstanden, weil dunkle Wolken über dem Lausitzring standen und jeder entscheiden musste, womit er antritt. Jeanette setzte auf Regenreifen, für alle Fälle. Das Ergebnis im Rennen war nicht Glück, das war schon Können! Am Ende belegte sie in beiden Rennen je einen Podiumsplatz!
Am Ende bleibt zusammenzufassen, dass die HAIGO eine tolle Arbeit macht, international mit Rennwagen sowohl im der Kategorie Tourenwagen, als auch in der Formel bestückt ist (z. B. Polen. Lettland, Estland…). Danke an den Teamchef, Stromhardt Kraft, der mit Zähigkeit und Organisationstalent den Tross zusammenhält. Auch danke ich dafür, dass ich so viele Gespräche führen konnte, die mich überzeugen, dass hier dem DDR-Sport neben der Classic im Segment Race ein würdiger Nachfolger geschaffen ist.
Somit grüße ich alle Racer der HAIGO mit dem uns eigenem Spruch: „Hals und Beinbruch!“
Jürgen Meißner

„The same procedure as Oschersleben“ war das Motto für das Qualifying der Formelwagen: Im Trockenen zum Vorstart, heftiger Regen setzt ein, zurück ins Fahrerlager und hektisch die Regenreifen aufziehen und raus zum Qualifying. Auf die Pole-Position hatte das keine Auswirkung, da steht wie so oft Nils-Holger Wilms. Dahinter sieht es aber etwas anders aus als sonst. Martin Kuntze ist noch nicht so oft aus der ersten Reihe gestartet. Dahinter Jeanette Siegert und neben Ihr Gaststarter Nick Koitsch. Zumindest die ersten Runden dürften morgen spannend werden.

Rennen 1 Formelwagen
Die Startaufstellung versprach Spannung und genau so ein Rennen bekamen wir auch geboten. Nils-Holger Wilms verteidigte zunächst die Führung aber Thomas Hoffmann und Falk Schwarze machten schnell Plätze gut. Ab der zweiten Runde lief es auf eine Vierer-Gruppe hinaus: Wilms, Jeanette Siegert, Hoffmann und Schwarze. Dann fiel Wilms mit Getriebeproblemen zurück und Hoffmann übernahm die Führung. Um kurze Zeit später von Schwarze attackiert zu werden. Dahinter versuchte Wilms von Jeanette Siegert zumindest P3 zurückzuerobern. Was ihm zwischenzeitlich auch gelang, aber abschütteln konnte er Jeanette nicht. Inzwischen hatte es Falk Schwarze an Thomas Hoffmann vorbei geschafft. Der gab sich nicht geschlagen und es kam zu einen rundenlangen Kampf um den Sieg. Auch im Mittelfeld sorgten Jörg Koitsch, Heiko Werner, Christian Stoppel und unser polnischer Gast Dawid Bokiej für gute Unterhaltung. Nach 11 Runden besten Racings siegte Falk Schwarze (vom letzten Startplatz aus) vor Thomas Hoffmann. Mit dem legendären MT 77 ihres Vaters schnappte sich Jeanette Siegert noch den 3. Platz. Geiles Rennen!

1. Falk Schwarze, Estonia 25
2. Thomas Hoffmann, Estonia 25
3. Jeannette Siegert, MT 77

Formelwagen Rennen 2 (Samstag, 25.6.22)
Ein packendes Rennen mit einer dramatischen Wendung zum Schluss – so lautet die Kurzversion.
Nils-Holger Wilms verzichtete auf den Start, weil man sich nicht sicher war, ob die zwischenzeitliche Getriebereparatur erfolgreich war. Falk Schwarze ging von Pole-Position ins Rennen und Thomas Hoffmann versuchte dranzubleiben und zu attackieren. Dahinter sah Jeanette Siegert die Chance auf ihre zweite Podiumsplatzierung an diesem Wochenende und ließ nichts anbrennen. Auf Platz 4 fuhr unser jüngster Teilnehmer Nick Koitsch. Es folgte Heiko Werner im blauen Estonia 25, der sich von seinen Verfolgern absetzen konnte und wie gewohnt solide seine Runden drehte.
An der Spitze hatte Falk zwischenzeitlich einen kleinen Sicherheitsabstand herausgefahren. Aber Thomas gab nicht auf und als Falk die Hinterreifen etwas schonen musste, war er wieder dran und das Racing um den Sieg begann erneut.
Es kam die letzte Runde – und Falk Schwarze rollte mit seinem Estonia 25 lautlos neben die Strecke. Pech für Falk Schwarze – freudige Überraschung dahinter: Thomas Hoffmann siegte doch noch, Jeanette Siegert holte ihr zweites Podium noch dazu ein Treppchen höher und Heiko Werner war völlig überrascht über seinen dritten Platz. Denn auch der vor ihm fahrende Nick Koitsch war drei Runden vor Schluss mit gebrochenen Schalthebel zurückgefallen.
Falk Schwarze nahm es sportlich, ein Problem mit der Benzinzufuhr war wohl die Ursache. Da es bereits einige Überrundungen gab, wurde er immerhin noch Sechster.

1. Thomas Hoffmann, Estonia 25
2. Jeanette Siegert, MT 77
3. Heiko Werner, Estonia 25

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Jürgen Meißner

ADAC Historic Cup Ost